Queerpolitischer Check zur Landtagswahl


Queerpolitischer Check zur Landtagswahl
Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Bayern prüft Parteien zur Landtagswahl 2023

München, 7. September 2023. Einen Monat vor der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober hat der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) Bayern queerpolitische Positionen der demokratischen Parteien geprüft. Zu insgesamt acht Themen mussten sich die Parteien positionieren. Die Antworten und die Bewertung der queerpolitischen Wahlprüfsteine liegen nun vor.

Die Auswertung der LSVD-Wahlprüfsteine zeigt deutlich, wer sich in Bayern wirklich für die Freiheit und Sicherheit von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTIQ*) einsetzen möchte und wer nur mit Lippenbekenntnissen überzeugen will. Mit acht Fragen zu queerpolitischen Themen haben wir den Parteien vor der Landtagswahl auf den Zahn gefühlt. Mit diesem Vielfaltskompass hoffen wir, gut begründete Wahlentscheidungen zu erleichtern“, erklärt Markus Apel aus dem Landesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) Bayern.

In der Auswertung zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede in der Bewertung queerer Lebensrealitäten und Forderungen. Während Grüne, SPD und FDP rechtlichen Schutz, demokratische Beteiligung und Aufklärung verankern und fördern wollen, sehen CSU und Freie Wähler wenig bis keinen Handlungsbedarf. Auch was die konkrete Gestaltung des seit langem geforderten Landesaktionsplans gegen Queerfeindlichkeit betrifft, bleiben noch zu viele Fragen offen.

Verband kritisiert Antwortverhalten von CSU und Freien Wählern

In einem Kommentar zur Auswertung kritisiert der LSVD das Antwortverhalten von CSU und Freien Wählern. Diese ließen mehrere Forderungen völlig unbeantwortet oder verwiesen nur auf die Ankündigung eines „Aktionsplan Queer“, der bis dato nicht existiert und dessen Inhalte ebenfalls unklar sind. Für den Verband wirft dieses Verhalten Fragen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit und Tiefe ihres Engagements für queerpolitische Anliegen auf.

Bayern hat eine lange Geschichte der Queerfeindlichkeit hinter sich. Und auch heute wird immer wieder Populismus auf dem Rücken marginalisierter Gruppen betrieben. In einer Zeit, in der LSBTIQ* schwerwiegenden Angriffen ausgesetzt sind, sollte die politische Auseinandersetzung mit queerpolitischen Themen über bloße Ankündigungen und Schönmalerei hinausgehen. Wähler*innen haben ein berechtigtes Interesse daran, konkrete und durchdachte Maßnahmen zur Unterstützung und Stärkung von LSBTIQ* zu erfahren, anstatt sich mit vagen Versprechungen zufriedenzugeben.“, sagt Markus Apel vom LSVD Bayern.

Wahlprüfsteine zur Landtagswahl

Pressemitteilung vom 7.09.2023

 


Antworten der Parteien: CSU, FDP, Freie Wähler, Grüne, LINKE, SPD

Kommentar des Verbands

In den ausgewerteten Antworten zu unseren queerpolitischen Wahlprüfsteinen fällt auf, dass sowohl die CSU als auch die Freien Wähler sich überwiegend auf einen hypothetischen “Aktionsplan QUEER” beziehen, der bis dato nicht existiert und dessen Inhalte ebenfalls unklar sind. Dieser Umgang mit langjährigen gesellschaftlichen Forderungen wirft Fragen hinsichtlich der Ernsthaftigkeit und Tiefe ihres Engagements für queerpolitische Anliegen auf. Vielmehr als auf klaren politischen Maßnahmen scheint hier der Fokus auf bloßer Rhetorik der Queerfreundlichkeit zu liegen.

In einer Zeit, in der LSBTIQ* schwerwiegenden Angriffen ausgesetzt sind, sollte die politische Auseinandersetzung mit queerpolitischen Themen über bloße Ankündigungen und Schönmalerei hinausgehen. Wähler*innen haben ein berechtigtes Interesse daran, konkrete und durchdachte Maßnahmen zur Unterstützung und Stärkung von LSBTIQ* zu erfahren, anstatt sich mit vagen Versprechungen zufriedenzugeben.

Der LSVD Bayern arbeitet bereits gemeinsam mit anderen Community- und Fachorganisationen an einem zivilgesellschaftlichen Aktionsplan-Entwurf. Dieser Entwurf mit konkreten queerpolitischen Maßnahmen soll nach der Landtagswahl an die neue Staatsregierung zur Umsetzung und Finanzierung übergeben werden. Diese Initiative verdeutlicht das ernsthafte Engagement und die konkreten Bemühungen der queeren Community in Bayern, konstruktive Lösungen einzubringen und echte politische Fortschritte zu erzielen.

Die AfD verweigerte bereits 2018 ihre Antworten. Der LSVD bewertet die Politik der AfD als queerfeindlich, antidemokratisch und brandgefährlich. Eine konkrete Einordnung findet sich in diesem LSVD-Dossier.

Pressemitteilung vom 7.09.2023


LSVD-Wahlprüfsteine 2023

Bayerischen Aktionsplan erarbeiten und umsetzen

  • Werden Sie dafür sorgen, dass in der nächsten Legislaturperiode, auf Basis eines zivilgesellschaftlichen Entwurfs, ein umfangreicher ressortübergreifender Aktionsplan beschlossen, mit der Zivilgesellschaft umgesetzt und ausreichend sowie langfristig finanziell im Landeshaushalt untersetzt wird?

Diskriminierung und Queerfeindlichkeit entgegenwirken

  • Wie wollen Sie queerfeindlicher Gewalt effektiver entgegenwirken und werden Sie sich dafür einsetzen, dass Bayern ein Landesantidiskriminierungsgesetz bekommt, sowie die Verfassung um den Artikel 118b erweitert wird, der Diskriminierung aufgrund der sexuellen/geschlechtlichen Identität untersagt?

Regenbogenfamilien stärken und Familienvielfalt fördern

  • Welche Schritte planen Sie, um dafür zu sorgen, dass die assistierte Reproduktion und weitere Leistungen der Fortpflanzungsmedizin allen Menschen unabhängig von Familienstand, sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität offenstehen?

Vielfalt und Respekt in Schule und Bildung fördern

  • Wie wollen Sie eine verpflichtende Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte im Bereich sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und einen Ausbau queerer Bildungsarbeit in der Schul- und Erwachsenenbildung sicherstellen, beispielsweise in Form einer Landeskoordinierungsstelle?

Queere Geflüchtete schützen

  • Wie wollen Sie LSBTIQ*-Geflüchtete in ganz Bayern vor Hassgewalt und Anfeindungen in und um Unterkünfte schützen und befürworten Sie einen Ausbau LSBTIQ*-spezifischer Landesunterkünfte sowie eine Überarbeitung des Landesgewaltschutzkonzepts?

Unterstützungs- und Beratungsangebote ausbauen

  • Wie wollen Sie dafür sorgen, dass LSBTIQ* flächendeckend bedarfsgerechte Unterstützungs- und Beratungsangebote erhalten, diese finanziell besser ausgestattet und insbesondere trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Jugendliche im Aufwachsen gestärkt werden?

Vielfalt in Medien voranbringen und LSBTIQ* beteiligen

  • Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) sowie im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) in der neuen Legislaturperiode jeweils eine LSBTIQ*-Selbstvertretung gibt?

Diversitätsgerechte Gesundheitsversorgung sicherstellen

  • Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die körpermedizinische, psychotherapeutische und psychiatrische Versorgung für LSBTIQ* in Bayern zu verbessern, Versorgungslücken zu schließen, Gesundheitspersonal zu sensibilisieren, sowie Zugangsbarrieren und Diskriminierung abzubauen?

(Limitierung durch Parteien 2023: 8 Fragen)

Pressemitteilung vom 2. Juni 2023

Was haben die Parteien bei der letzten Landtagswahl
versprochen?
Rückblick auf die Landtagswahl 2018