Coming Out für Europa


Am 26. Mai 2019 ist Europawahl. Laut Umfragen werden drei (national-)rechte und euroskeptische Gruppen, die EKR, EFDD und ENF, ca. 184 Sitze im neuen Europaparlament gewinnen[1]. Damit wären sie – knapp vor der Mitte-Rechts-Gruppe der Europäischen Volkspartei – die stärkste Gruppe.

In Bayern wird die CSU voraussichtlich rund 40% der Stimmen gewinnen. EVP-Spitzenkandidat (und CSU-Mann) Manfred Weber wird aller Wahrscheinlichkeit nach nächster Präsident der EU-Kommission. Was können wir also in den nächsten Jahren bei LGBTI-Bürger*innenrechten in Europa erwarten? Den großen Rollback?

Die EU als Motor für LGBTI*-Rechte

Die EU war bisher Motor für zahlreiche Fortschritte bei der Gleichstellung. Sie hat international Standards gesetzt, und EU-Gerichtsverfahren haben zu einem wirksameren Schutz für LGBTI geführt. Tatsache ist jedoch: Die wahrscheinlichen Gewinner bei den kommenden Wahlen sind allesamt Parteien, die in Sachen LGBTI-Politik miserabel abschneiden. In Deutschland wurde die Umsetzung von LGBTI-Rechten – wie etwa die eingetragene Lebenspartnerschaft, die steuerliche Gleichstellung und die “Ehe für Alle” – von der bayerischen CSU über Jahre ausnahmslos bekämpft. Bayern ist – aufgrund der Ablehnung der CSU-FW-Koalition – derzeit das einzige Bundesland ohne Aktionsplan zur Bekämpfung von Homophobie und Transphobie. Der Spitzenkandidat Weber scheint ohnehin deutliche Sympathien für die Anti-LGBTI-Lobby zu hegen: Er traf sich Anfang des Jahres mit einer Reihe von Vertretern von Organisationen, die sich aktiv gegen die Gleichstellung von LGBTI positionieren.

Geh wählen

Wichtig ist in dieser Situation, dass wir überhaupt wählen gehen. Die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen ist traditionell geringer als bei Bundes- und Landtagswahlen. Im Jahr 2014 haben sich europaweit weniger als die Hälfte der Wähler*innen (42,61%) die Mühe gemacht, überhaupt hinzugehen. (In Deutschland wählten 2014 immerhin 48%, womit wir aber wirklich keine Lorbeeren ernten dürfen.)

Mit ihrer Come-Out-Kampagne 2019 fordert ILGA-Europa die Europa-Kandidat*innen auf, sich offiziell als LGBTI-Unterstützer*innen zu „outen“ und sich während ihrer Amtszeit für die Gleichstellung einzusetzen. Der LSVD Bayern wird in den nächsten Tagen ebenfalls an die bayerischen Kandidat*innen schreiben und sie zur Unterstützung auffordern.

Wir alle können mit unserer Stimme ein Zeichen setzen. Prüf das Wahlverhalten der Kandidat*innen: Wie haben sie in der Vergangenheit bei wichtigen Abstimmungen zu LGBTI-Rechten entschieden? Wer eine progressive Politik für LGBTI in Europa will (die letztendlich auch die Richtung in Deutschland maßgeblich beeinflusst), soll die Kandidat*innen wählen, die sich auch aktiv für diese Politik einsetzen.

Weiterführende Links:
https://www.thistimeimvoting.eu/
https://www.ein-europa-fuer-alle.de/
http://www.europarl.europa.eu/portal/de
https://www.lsvd.de/europa/